Henny Porten. Quelle: collettesaintyves |
Die Schauspielerin Henny Porten kommt mehrfach im
journalistischen Werk Joseph Roths vor. So im Artikel “Knigge im Film”, in dem
er die überraschend verfeinten Sitten der Bewohner des weltentrückten, kleinen
deutsch-mährischen Städtchens S. beschreibt. Anstelle des erwarteten “spießbürgerlich-soliden
Stadtlebens” stieß Roth auf “einen regelrechten Vormittagskorso auf dem
rechteckigen Rathausplatz (…). Junge Damen in modernsten Gewändern, Herren und
Herrchen in Kleidern nobelster Fasson und großstädtischen Zuschnitts und selbst
ein Herr mit einem Monokel. Man denke: ein Monokel!”
Bis ihn ein regnerischer
Sonntagnachmittag ins Kino und auf die Lösung des Rätsels brachte.
“Ich sah
dichtgefüllte Reihen und aufgeregte Premierenstimmung beim Publikum. Junge
Mädchen mit glühenden Blicken. Gymnasiasten mit würdevollem Ernst, gespannt den
Ereignissen des Dramas folgend. Jede Handbewegung, jeder Augenaufschlag des
Helden oder der Heldin wurde von der zuschauenden Jugend geradezu verschlungen.
Und ich verstand den erzieherischen Einfluß des Kinos auf die Jugend dieser
Kleinstadt. Plötzlich war ich sehend geworden: Daher hatten die Frauen dieses
kokette Mienenspiel, jenes hoheitsvollherablassende Kopfnicken, wenn man sie
grüßte. Das kleine Laufmädel benahm sich wie eine Dame. Die blonde Verkäuferin
des Papiergeschäftes in der Ecke mimte eine Prinzessin. Der Alltag war Film
geworden. Das nüchterne kleine Ereignis - Szene. Und sie selbst, all diese
kleinen Männlein und Weiblein, waren Helden und Heldinnen. Asta Nielsen und
Henny Porten, Harry Waiden und Psylander in zehntausend Auflagen. (…) - Wie
soll ich mich benehmen? - Ich werd'
mir die Henny Porten anschaun! ...”
Die Filmwelt, Wien,
16.5.1919
Auch in “Heimweh nach Prag” spielt Henny Porten eine - wenn
auch kleine - Rolle (Roth scheint von seinem Schwarm mehr irritiert als angetan):
“Am Abend sitze ich im Kino. Man gibt den
Kolossal-Monumental-Film der Decla Bioscop: ‘Deutsche, trinkt deutsches Bier!’
mit Massenszenen von Lubitsch und Henny Porten als deutscher Heldenmutter, und
die Kapelle spielt den Fridericus-Rex-Marsch.”
Prager Tagblatt, Prag, 25.12.1924
“Die Künstlerin Henny Porten habe ich in vielen Filmen
schätzen gelernt.”
Vorwärts, Berlin, 12.1.1923
Henny Porten (1890-1960) war ein Star des deutschen
Stummfilms, vermutlich einer der beliebtesten überhaupt. Sie spielte in mehr
als 170 Spielfilmen zwischen 1906 und 1955. In manchen Jahren drehte sie zwölf Filme. Ihre Karriere fand eine jähe Unterbrechung während der
Nazidiktatur, da ihr Mann, Wilheim von Kaufmann, Jude war. Sie ließ sich nicht
scheiden, ihre Emigration wurde wegen möglicher negativer Publizität beim Volk
nicht zugelassen.
Henny Porten in "Der Ruf der Liebe", 1916 |
Henny Porten auf einer Fotografie von Nicola Perscheid.
Quelle: wikipedia
|
Alle nicht angegebenen Bildquellen: virtualhistory
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